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Spiel’s nochmal, Rare

Computerspiele waren früher deutlich schwieriger. In alten Konsolenspielen an denen ich mir Wochen und Monate lang die Zähne ausgebissen habe, kämen Jugendliche heute nicht mal mehr über den Ladebildschirm hinaus. Überhaupt gäbe es gar keinen solchen Bildschirm, denn Speichern konnte man das Zeug ja sowieso nicht. Da musste man dran bleiben und sich über einen langen Zeitraum konzentrieren. Das waren eben keine Nebenbeschäftigungen, die man mal eben zwischen zwei Whats-App Nachrichten erledigen konnte während man auch ein neues Leben in Candy Crush wartet. Ich frage mich ob sich das erwachsene Computerspieler auch dachten als ich mit dem Spielen anfing.

rarelogoRare hat dieser Tage mit „Rare Replay“ eine Spielesammlung mit alten Klassikern der britischen Spieleschmiede für die Xbox One herausgebracht. Diese Sammlung ist wundervoll. Rare hatte mich vor allem in meiner Hardcore-Nintendo-Zeit immer begleitet, bevor die Firma dann von Microsoft gekauft und zum First-Party-Entwickler für die XBox wurde. Neben den Donkey Kong-Titeln waren da vor allem Banjo-Kazooie und Conker echte Bringer. Wenn am Beginn eines Spiels das Rare Logo kam, konnte schon nicht mehr all zu viel schief gehen. Was mich jetzt, Jahre später, aber mehr gefesselt hat als die Möglichkeit die alten Klassiker meiner Jugend noch einmal zu erleben, war der Blick noch weiter zurück. Das älteste Spiel der Sammlung „JetPac“ geht auf das Jahr 1983 zurück und ist damit fast so alt wie ich.

Weltraum-Action, Jungleabenteuer, Wild-West-Schießerei, Magie & Fantasy, Werwolf-Horror, Autorennen,… Rare hat all diese klassischen Themen in Spielen umgesetzt, die für mich nicht zu bewältigen sind. In keinem Alter. Der Schwierigkeitsgrad ist in manchen Spielen so abartig hoch, dass ich schon nach wenigen Minuten wieder entnervt zu einem anderen Titel wechsle, nur um dort ähnliche Erfahrungen zu machen. Erfreulicherweise bietet „Rare Replay“ zu den meisten Spielen hilfreiche Cheats an mit denen zum Beispiel völlig überflüssige Zeitlimits oder viel zu knapp bemessene Extraleben abgedreht werden können. Auch verfügen viele Titel über ein Instant Replay, womit jederzeit ein paar Sekunden zurückgespult werden kann, falls etwas daneben gegangen ist. Dadurch wird es auch für mich möglich solche Spiele ausführlich und intensiv kennen zu lernen. Und ich war tatsächlich überrascht welch spannende und ausgefeilte Konzepte hinter den einfachen Präsentationen von „Atic Atac“ oder „Knight Lore“ stecken.

Knight LoreZugegeben, ohne die tatkräftige Hilfe des Internets mit ausführlichen Maps und Rezepten würde ich dennoch in vielen Spielen nur Bahnhof verstehen. Und damit komme ich wieder an den Punkt, an dem ich mich frage ob sich die Generation vor mir damit leichter getan hat. Wussten die damals wie das Areal aussieht? Welches Item sie als nächstes brauchen? Mit welcher Waffe welcher Gegner bezwungen werden kann? Viele der Spiele verfügen neben einem komplexen Konzept auch noch über derart übertrieben viele Gegner, dass man gar keine Gelegenheit hat sich einen Überblick zu verschaffen, weil man ständig damit beschäftigt ist die drei Leben zu verteidigen. Dieses Problem löst „Rare Replay“ Dank der Cheats und bietet außerdem auch die Möglichkeit jederzeit Speicherpunkte anzulegen. Eine weitere Neuerung, die das Spielen angenehmer macht.

30 Spiele beinhaltet die Sammlung und ist damit alles andere als vollständig. Vor allem große Nintendo-Titel wie Donkey Kong und Starfox fehlen natürlich. Dafür sind einige XBox 360 Titel wie „Viva Pinata“ vertreten und geben schon mal einen kleinen Vorgeschmack auf die angekündigte Abwärtskompatibilität der Xbox One, die noch dieses Jahr starten wird. Außerdem konnte ich bei diesem Titel die neue Streamingfunktion der XBox App auf Windows 10 ausprobieren. Optimal wenn in einem Fenster die XBox läuft und nebenbei alle nötigen Hilfeseiten angezeigt werden können. Anfangs konnte ich noch eine leichte Latenz bei den Controllereingaben wahrnehmen. Aber entweder habe ich mich rasch daran gewöhnt oder es ist tatsächlich besser geworden. Mittlerweile kann ich kaum mehr einen Unterschied feststellen.

spielauswahlAber zurück zum Spiel: Natürlich wurden all diese Spieleperlen auch mit Achievements bedacht. Die komplette Sammlung bietet insgesamt 10.000G, die freigespielt werden können (natürlich abzüglich jener Gamerscores, die man in manchen Spielen bereits früher geholt hat). Die eigentliche Belohnung sind aber die Bonusvideos, die sich durch Absolvierung von Aufgaben in den Spielen freischalten lassen. Bei diesen Videos handelt es sich um Making-ofs, Behind the Scenes-Berichte, Vorstellung nie realisierter Projekte oder – und das ist das Coolste – Sammlungen von Entwicklungs-Zeichnungen. Es ist unglaublich spannend zu sehen welche alternativen Konzepte zu bekannten Figuren und Welten existierten und wie sich diese entwickelt haben. An dieser Stelle möchte ich gern einen Aufruf starten doch BITTE „Banjo-Threeie“ noch einmal anzudenken. Mit „Nuts & Bolts“ existiert zwar so etwas wie ein dritter Teil, in Wahrheit kommt dieser aber nicht ansatzweise an „Banjo Kazooie“ und „Banjo-Tooie“ heran. Obwohl ich das Konzept mochte und es auch relativ lange gespielt habe, musste ich jetzt beim abermaligen Spielen der ersten beiden Teile feststellen, dass diese Figuren einfach großartig funktionieren, ein wunderbares Gameplay möglich machen und es unfassbar Spaß macht mit dem Bären und dem Vogel durch die Welten zu hüpfen, zu rollen, zu fliegen oder zu tauchen.

Was habe ich durch „Rare Replay“ gelernt? Zum Einen, dass ich nach wie vor mit Shootern nicht umgehen kann („Perfect Dark“, du bist gemeint). Völlig egal aus welcher Epoche sie stammen. Zum Anderen, dass man sich auch auf vermeintlich simpel wirkende Ideen einlassen sollte. Ich hätte nicht gedacht, dass mich einige dieser ganz alten Titel so in ihren Bann ziehen können. Auf andere treffen all meine Vorurteile hingegen vollständig zu. Ich sehe dich an „Sabre Wulf“!

Moderne Spiele haben heute andere Wege uns für lange Zeit zu fesseln als nur den Schwierigkeitsgrad so hoch zu schrauben, dass man dieselbe Stelle immer und immer wieder beackern muss. Das bedeutet nicht unbedingt, dass Spiele heute generell einfacher geworden sind. Sie stellen aber andere Anforderungen an uns als vornehmlich die Fähigkeit zur Frustbewältigung.

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